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Findelkind“ las, stieß sie es mit dem Fuße die Stufen hinab.

Seitdem ging der Kleine diesem Fräulein aus dem Wege, weil es ihn immer so bös ansah.

Das mittlere Kind, ein blondes skrophulöses Mädchen, saß tagelang im Garten auf dem Sande und wärmte die krummen Beinchen und den geschwollenen Hals in der Sonne.

Auch dies Kind war eine Waise, deren Mutter im selben Hause nach entsetzlichen Qualen gestorben war. Nur wie durch ein Wunder erhielt es sich am Leben, und da auch die Mutter gänzlich verlassen und noch dazu in tiefes Geheimnis gehüllt war, wußte niemand, wohin es geschickt werden könnte.

Im Hause behielt man es nur noch in der Hoffnung, es werde vielleicht doch noch jemand sich melden und die Pflegekosten bezahlen.

Die Aufsicht über diese Kinder führte Madi. Sie allein leitete deren Erziehung und verteilte unter sie die Lumpen, die ihre elenden Körper bedeckten.

So oft die Krankenpflege ihr freie Zeit ließ, widmete sie dieselbe mit vollem Eifer den Kindern.

Zum Glück für diese kam dies nicht allzu häufig vor. Denn sobald es geschah, erschallte Kindergeschrei im ganzen Hause, weil Madi die Kleinen mit Sand oder Ziegelmehl abscheuerte, oder ihnen Haarwickel drehte bis auf die Haut oder die Skrophelbeine gewaltsam grade zu recken versuchte.

Dies alles tat sie in bester Absicht, bereitete aber,

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Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 423. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/423&oldid=- (Version vom 1.8.2018)