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und hier untergebrachte Waisen, deren Pflege die Schnaglow übernommen hatte.

Das älteste zählte kaum drei Jahre und das jüngste nur einige Monate.

Letzteres lag bleich und abgezehrt beständig in der Wiege dicht am Ofen, ab und zu winselnd wie ein blindes Hündchen, obgleich es sich anscheinend der größten Rücksicht seiner Pflegerin erfreute, weil diese regelmäßig bezahlt wurde und die Mutter jeden Sonntag zum Besuche kam und stundenlang an der Wiege saß. Eine junge abgehärmte Lehrerin, die von ihrem Brotherrn betört wurde, ihr Kind aber über alles liebte und für dasselbe zärtlich sorgte.

Fast die Hälfte ihres Monatsgehaltes bezahlte sie für die Pflege und widmete dem Kinde jeden freien Augenblick.

Nur Sonntags wechselte die Pflegerin die Wäsche und badete das Kleine in warmem Wasser, stellte auch immer frische Milch, Zucker und Reiswasser auf die Kommode.

An den übrigen Tagen aber erhielt das Kind nur verdünnte, schon säuerliche Milch mit Kamillentee, und die Sauberkeit der Wäsche ließ viel zu wünschen übrig.

Wußte doch die Schnaglow, daß die Lehrerin alltags nicht kommen und das Kind sich noch nicht beklagen konnte!

Madi aber hatte so viel im ganzen Hause zu tun, daß sie dem armen Wesen nicht ihre besondere Aufmerksamkeit widmen konnte.

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Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 421. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/421&oldid=- (Version vom 1.8.2018)