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So oft sie ausging, beruhigte sie alle mit den Worten: „Madi wird bei euch bleiben.“

Und – wie seltsam – die Kranken schlossen sich ungemein leicht an die Kleine an, die immer lachend und lustig sich ihren Betten näherte und wenn sie bleich vor Angst und Schmerz dalagen, sie voller Übermut fragte: „Wollt ihr einen Kautschukmenschen sehen?“

Und dann bog und renkte und reckte sie sich in die possierlichsten Stellungen, als ob sie wirklich nichts als ein Stück Kautschuk sei.

Madi kannte keinen Unterschied unter den Kranken ihrer Mutter. Oft stahl sie der reicheren zu Gunsten der ärmeren die Apfelsinen oder den Fruchtsaft und steckte dies der ärmsten und verlassensten unter den Strohsack.

Oft auch half sie, da sie alle Künste der Mutter kannte, ganz im Geheimen irgend einer armen Dulderin und handelte dabei ganz auf eigene Faust, nur aus gutem Herzen.

Aufgewachsen in dieser Atmosphäre des Verbrechens, hielt sie dies für ein gutes Werk und pfiff noch einmal so lustig, wenn es ihr gelang, auf eigne Rechnung irgend ein Mittelchen zuzubereiten.

Die Schwester haßte sie, nannte sie nur die „Prinzessin“ und verbrannte ihr die Romane, wenn sie ihr in die Hand fielen. –

Außer diesen beiden Mädchen befanden sich im Hause noch drei Kinder, arme, in Schande geborene

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Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 420. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/420&oldid=- (Version vom 1.8.2018)