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nach außen gewandt, noch mit der vor der Tür stehenden Mary sprach.

Plötzlich wurde die Tür jenes Stübchens aufgerissen und mitten auf den Hausflur lief ein kaum vierzehnjähriges Mädchen, barfuß und in zerlumptem Röckchen.

Ohne Käthe zu beachten, eilte die Kleine auf Frau Schnaglow zu, zupfte sie am Kleide und rief: „Mama! Komm schnell! Es ist tot!“

„Schrei nicht so“ erwiderte das Weib und wandte sich dem Stübchen zu. „Da nimm den Kommodenschlüssel, hole mir Papier und Stecknadeln und koche Kamillentee für die Kranke.“

Dann verschwand sie durch die Stübchentür, während die Kleine nach der anderen Seite des Hauses rannte.

Von allen vergessen, lehnte Käthe sich an die Wand und starrte vor sich hin.

Rings war es mäuschenstill.

Auch das Stöhnen war verstummt, und man hörte nur Frau Schnaglow im Stübchen herumwirtschaften.

„Es ist tot!“

Gewiß das Kind, welches das Weib hinter einer Tür mit Schmerzen gebar!

Eine Leiche also begrüßte Käthe an der Schwelle dieses Hauses, wenn auch nur die eines Kindes, welches das Licht der Welt nicht erblicken sollte, aber dennoch gelebt hatte im Schoße der Mutter und Freud’ und Leid mit ihr geteilt…

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Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 413. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/413&oldid=- (Version vom 1.8.2018)