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Käthe zog nur die Brauen zusammen und blickte sie finster an, erwiderte aber kein Wort.

„Suchst du etwa Johann hier, den Galgenstrick?“ fragte Mary, mit weiblichem Scharfsinn erratend, weshalb Käthe hierher kam. „Da kannst du lange suchen! Schon längst haben wir einen andern Portier und jener Lump ging in einen anderen Dienst. Wegen seiner ewigen Liebschaften in allen Stockwerken, bald mit dieser, bald mit jener, jagten sie ihn fort, und mit vollem Rechte. Mag er die Mädchen hier in Ruhe lassen und nicht so ins Unglück stürzen, dieser Nichtsnutz!“

Traurig ließ Käthe den Kopf hängen, als sei alle Rachgier in ihr verweht. Im Herzen empfand sie nur das tiefste Weh, daß Johann sie so betrogen, während sie so schwer, so unsäglich schwer zu leiden hatte…

Endlich zog Mary sie zur Haustür hinein und erzählte ihr von ihrer immer zunehmenden Krankheit und dem trockenen Husten, der sie jede Nacht so quälte. Dann wandte sie sich mit der ihr eigentümlichen Veränderlichkeit zu Käthe und suchte alles von dieser zu erfahren, was ihr seit ihrer Verhaftung begegnet war.

Halb ohnmächtig sank Käthe zu Boden, und heiße Tränen entrannen ihren Augen.

Jetzt lag sie auf derselben Stelle, auf der sie sich Johann an jenem Herbstabende hingegeben hatte, als sie, mißhandelt und durchnäßt, wie ein Vieh, dem vermeintlichen Geliebten zu Füßen gefallen war.

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Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 406. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/406&oldid=- (Version vom 1.8.2018)