Da ihm die Arbeit heut nicht recht von der Hand ging, wollte er sie lieber auf später verschieben.
Nachdem Käthe von ihrem Platz herabgestiegen, mußte sie an dem Studenten vorübergehen, der dicht neben ihren abgelegten Kleidern saß.
Mit auf der Brust gekreuzten Armen wollte sie an ihm vorbeischlüpfen, ohne seine ausgestreckten Füße zu berühren.
Er aber sprang auf und umschlang sie mit den Armen, denen sie sich jedoch entwand, indem sie ihn weit von sich stieß mit aller Kraft, über die sie noch verfügte.
Der Student taumelte zurück auf den Steinblock, auf dem er bisher gesessen, fand aber zum Ausdrucke seines Erstaunens nur die Worte: „Ha! diese Bestie!“
„Ach! laß sie doch zufrieden“, rief ihm der Künstler zu, der sich zum Ausgehen anzog. „Sie ist schon elend genug!“
Anders aber dachte der Student.
Dieser Trotz fachte ihn nur noch mehr an und bestärkte ihn in seiner Absicht.
Solche Bettlerin wagte es, ihm zu widerstehen, ihm, der sogar in den Salons die Wahl hatte!
Und mit verdoppeltem Groll sah er ihr zu, wie sie sich ankleidete.
Ihre Lumpen waren zwar nicht gerade anziehend. Was aber fragt danach in der Leidenschaft ein Mann? Unter der zerlumpten Jacke hervor blinkte der weiße Arm. Das genügte, daß das Tier in ihm
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 397. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/397&oldid=- (Version vom 1.8.2018)