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Eine ganze Woche schon nächtigte Käthe in Wodnieckis Atelier und schlief auf dem zerlumpten Strohsacke des Taubstummen, um in aller Frühe aufzustehen und ihre Modellstellung einzunehmen.

Allmählich an ihre Lage gewöhnt, legte sie schweigend ihre Lumpen ab und hüllte sich in ihre Draperie, deren Faltenwurf sie dem Künstler überließ.

Das vernünftige Benehmen desselben beruhigte sie vollends, sodaß sie nicht mehr fieberhaft zitterte, wenn seine kleine weiße Hand ihre nackten Glieder berührte.

Ganz aufgehend in seiner Arbeit, vergaß er Blut und Sinne, obgleich auch seine Wangen ab und zu sich fieberhaft röteten. Ihre Nacktheit aber reizte ihn nicht.

Zitternd vor Eifer wünschte er nur, ein Meisterwerk zu schaffen und so bald als möglich zu vollenden.

Den ganzen Vormittag verbrachte Käthe beim Modellstehen, den Nachmittag dagegen in der Sakristei jener Kirche beim Scheuern, Fegen und Fensterputzen.

Der alte Küster hatte Wort gehalten und gab ihr täglich einige Groschen zu verdienen.

Freilich mußte sie dafür auch schwer arbeiten und in gebückter Stellung oft bis an die Knie in schmutzigem Wasser waten.

Wodniecki gab ihr vier Groschen nach der ersten Sitzung. Das übrige mußte sie ihm stunden.

Zu mahnen wagte sie ihn nicht, da er immer so

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Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 391. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/391&oldid=- (Version vom 1.8.2018)