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lange dort sitzen konnte. Also beschloß sie, nur ein wenig auszuruhen und dann weiterzugehen, immer weiter…

Plötzlich zupfte sie jemand am Arm.

Wodnieckis Schüler war es, jener Taubstumme, der nur zum Abendessen ausgegangen war und bald wieder zurückkehren sollte, da er im Atelier immer zu Füßen der „Nixe“ schlief, wo er beim Erwachen die plumpen Gestalten der „Apostel“ vor sich sah.

Sofort hatte er Käthe erkannte, die in ihm damals eine gewisse Bewunderung erregt hatte.

Aufgewachsen unter all den Statuen über Lebensgröße, blickte er mit Verachtung herab auf alle kleineren Gestalten, mit einer Art von Verzückung dagegen empor zu so riesigen Gliedermassen, wie die Käthes, welche die Menge um Haupteslänge überragte und sofort seinen Beifall fand. Er setzte sich neben sie und zupfte sie unter schrillem Aufschrei am Arme.

Auch sie erkannte ihn und blickte ihn an, ohne ein Wort zu sagen. Wußte sie doch, daß dies nichts nütze, da er sie doch nicht verstehe.

Allmählich erweckte sein Anblick in ihr die schmerzlichsten Erinnerungen.

War sie doch bei dem Bildhauer am selben Tage gewesen, an dem sie Rosa mit auf den Boden nahm und Johann mit ihr bekannt machte.

Zwei große Tränen rannen ihr über die welken Wangen.

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Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 379. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/379&oldid=- (Version vom 1.8.2018)