Lange noch stand Käthe vor der Haustür, bevor sie sich klar wurde über ihre Lage.
Endlich begriff sie. Die letzte Hoffnung, Johann zu versöhnen, war ihr geraubt mit dem Zuschlagen der Haustür.
Und plötzlich regte sich etwas, zwar schwach, aber trotzdem deutlich unter ihrem Herzen, so seltsam, daß sie unwillkürlich zusammenschauerte und die Arme nach der Haustür ausstreckte.
Ein neues Leben war in ihr erwacht. Ein zweites Wesen gab mit unsicheren Bewegungen sein Dasein zu erkennen und lebte auf in dieser dunklen Wolkennacht, unter dem Einfluß von Not und – Herzeleid.
Schweiß bedeckte trotz der Kälte Käthes Stirn. Krampfhaft preßte sie die Zähne zusammen.
Trotz ihrer Unerfahrenheit erriet und begriff sie mit weiblichem Instinkte, was in ihr vorging, daß sie Mutter werden sollte!
Lange noch stand sie mitten auf der Straße, wie angewurzelt und regungslos, wie eine Säule.
Jetzt litt sie nicht mehr allein unter Johanns Nichtswürdigkeit, sondern sie hatte einen Leidensgenossen, der aus ihrem Schoße sich herausdrängte in die Welt zum – Leiden und Hungern.
Hinter der Haustür war alles still geworden. Johann war müd und matt auf sein Lager gesunken und schlief schon hart und fest.
Käthe vergegenwärtigte sich ihn in dem engen und doch so behaglichen Stübchen, eingehüllt in warme
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 365. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/365&oldid=- (Version vom 1.8.2018)