Straße, in der Budowskis wohnten und die nur spärlich von matt glimmenden Laternen beleuchtet war. Da der Mond aber in Wolken gehüllt war, lagerte dichte Finsternis auf der Straße und warf ihre Schatten bis auf das Pflaster.
Trotzdem fand Käthe sich schnell zurecht und stand bald vor der Haustür.
Ohne sich lange zu besinnen, zog sie mit nervöser Hast an der Klingel.
Mußte sie doch hier trotz alledem Schutz und Zuflucht finden vor der Not.
Hatte sie auch Rosa blutig geschlagen, so konnte Johann sich nicht von ihr lossagen!…
Da niemand öffnete, klingelte sie noch einmal. Die Turmuhren schlugen eben eins mit schrillem, die Luft durchzitterndem Klange.
Eine verspätete Droschke rasselte vorüber mit ohrzerreißendem Getöse.
Endlich ließen sich hinter der Haustür schwere Schritte vernehmen.
Vor Aufregung lehnte Käthe sich an die Wand. Kannte sie doch Johanns Schritt und wußte, daß er ihr jetzt so nahe war, nur getrennt durch die hölzerne Tür.
Nachdem diese geöffnet, erschien im Innern eine weiße Gestalt. Im Nachtanzuge stand dort Johann, noch halb im Schlafe und gewiß in der Seele den späten Ankömmling verwünschend. Trotzdem streckte er mechanisch die Hand aus zum Empfange des ihm gebührenden Lohnes.
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 363. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/363&oldid=- (Version vom 1.8.2018)