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sie sich los und trat dicht vor sie hin, so daß ihr heißer Atem sie anwehte.

„Fräulein“, flüsterte sie mit fast stockender Stimme. „Wenn Sie Gott im Herzen tragen, bitte, sagen Sie mir: Wo steckt diese Nichtswürdige? Überall schon sucht’ ich sie, lief ihm nach auf die Straße und in die Schenke und konnte sie nicht finden.“

Dabei atmete sie schwer und das Herz schlug ihr so gewaltig, daß alle Pulse im Kopfe, an den Schläfen und in den Ohren klopften.

Unverwandt blickte Mary sie an und tiefes Mitleid prägte sich auf ihrem bleichen Gesichte aus. Gleichwohl erwiderte sie nichts und schien noch mit sich zu ringen.

Käthe aber bat immer flehentlicher und kniete fast vor ihr nieder, um der auf dem Brunnenkasten Sitzenden sich noch mehr zu nähern.

„Sie wissen nicht, Fräulein!“ rief sie, die Fäuste ballend, „daß Johann mir die Ehe versprochen hat. Und gewiß hätte er dies gehalten, wäre nicht die Schändliche, die ihn mir geraubt hat! Ich aber hab an ihn, als an meinen Verlobten, ein heiliges Anrecht. Sonst hätte ich mich niemals auf solche Liebschaft eingelassen und mich der Verachtung der Leute ausgesetzt. Ach, goldenes Fräulein, sagen Sie mir, wen er jetzt hat. Dann will ich mir schon Rat schaffen und ihn mir wieder gewinnen. Nur wissen muß ich, wer die andere ist…“

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Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 336. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/336&oldid=- (Version vom 1.8.2018)