dies nichts Neues; Sie aber, liebes Fräulein, trifft es zum erstenmal, das weiß ich, nur wundert es mich, daß Sie nicht in Ehren Ihren Ersten fanden, sondern von vornherein solchem Nichtsnutz in die Hände fielen, wie dieser Johann! Wer nicht fest im Sattel sitzt, fällt leicht vom Pferde.“
„Sie scherzen, Fräulein“, erwiderte Käthe mit gezwungenem Lächeln und nahm ihren Eimer, um sich zu entfernen. „Johann ist nicht daran schuld, nur durch die schwere Arbeit bei Tag und Nacht im dritten Stockwerk bin ich so herunter gekommen.“
Mary aber hielt sie am Rocke fest.
Obgleich selbst matt und elend, wollte sie dennoch einer anderen als Werkzeug ihrer Rache dienen. Und, wer weiß, vielleicht erbarmt sie sich doch noch über Käthe und öffnet ihr die Augen, um ihr Johanns Verrat zu zeigen in seiner ganzen Nacktheit. Sind doch die Launen nervöser Weiber ganz unberechenbar!
„Fräulein, haben Sie denn nie bemerkt, daß Johann Sie vernachlässigt, daß er also eine andere haben muß, der er nachläuft?“
Bei dieser Frage blieb Käthe plötzlich stehen. Freilich hatte sie längst sein kühles Benehmen wahrgenommen und dieser Gedanke hatte sie Tag und Nacht gequält!
Mary aber mußte näheres davon wissen und konnte ihr sicher die volle Wahrheit sagen.
Hastig also wandte sie sich zu der früheren Nebenbuhlerin, die mit zitternden Händen noch immer die Falten ihres Rocks festhielt. Mit heftigem Rucke riß
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 335. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/335&oldid=- (Version vom 1.8.2018)