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Um Johann kümmerte sie sich längst nicht mehr und ging düster schweigend an ihr vorüber.

Allmählich ging sie auch nicht mehr aus, um die Gesellschaft von Männern aufzusuchen, die sie früher jeder anderen vorzog. Ein dumpfer Groll schien ihre Brust zu erfüllen gegen alle Männer, denen sie nach und nach in die Arme gesunken war, ohne Sorge um das Morgen und darum, was später aus ihr werden solle.

Mit ihnen hatte sie die Schätze ihrer Jugend und Gesundheit vergeudet, indem sie mit ihren Küssen und Liebkosungen nicht kargte. Ohne Bedenken hatten sie ihre Jugendkraft erschöpft und sie dafür noch ausgelacht oder ihr einen silbernen Ring und dergleichen Tand für alle ihre Zärtlichkeit gereicht.

Heute, da sie allein dastand in ihrem Jammer, bereute sie bitterlich ihre Kraftvergeudung und ein tödlicher Haß erwachte in ihr beim Anblicke ihrer früheren Liebhaber. Sie alle waren und blieben frisch und gesund und fähig zu immer neuen Lebensgenüssen, während sie selbst den welken Körper nur mühsam fortschleppte und beständiger Husten sie in schlaflosen Nächten quälte.

Jetzt sah sie Käthe schon mit anderen Augen an. Fest überzeugt von deren bisheriger Unbescholtenheit, ahnte sie, welche Wendung ihr Verhältnis mit Johann genommen und wußte im voraus, daß dieser sie früher oder später sitzen lassen werde, während sie von Käthe nicht annehmen durfte, daß diese den Geliebten jemals aufgeben könnte.

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Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 330. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/330&oldid=- (Version vom 1.8.2018)