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Die Dienerschaft der Frau Gräfin kümmerte sich nicht um Johann. Die Köchin war immer mit dem Gebetbuch und der Kirche beschäftigt. Und die Zofe zog die Aufmerksamkeit des jungen Grafen auf sich und erfreute sich der Gunst des bleichen Jünglings.

Die anderen Mägde und Weiber im Hause waren entweder schon zu alt oder hatten Liebhaber, denen sie ungeteilt ihre Herzen schenkten und ganze Schüsseln vom Mittagessen zusteckten.

Übrig blieb also nur noch Mary, die seit einiger Zeit sich völlig verändert hatte, fortwährend hustete und immer blasser und elender aussah.

Vor Mattigkeit schleppte sie sich kaum noch über den Hof, ohne jede Spur von Ausgelassenheit, die früher in ihrer ganzen Gestalt sich äußerte.

Der kurze, trockene Husten, der sich ihrer Brust entrang, schallte dumpf wie Grabgeläute auf der engen Hintertreppe, auf der sie, am Geländer sich festhaltend, langsam dahinschlich.

Offenbar hatten die Nachtschwärmereien und der fieberhafte Lebensgenuß diesen jungen Körper zerrüttet und den Keim einer tödlichen Krankheit in diese Brust gelegt.

Ab und zu raffte sie sich noch wieder auf und ging vor das Tor, um mit flotten Ulanen Brüderschaft zu trinken, aber nur zu bald entsank das Glas der zitternden Hand und die großen, dunklen Augen verhüllte ein Nebel, hinter dem das grause Gespenst des Todes lauerte.

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Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 329. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/329&oldid=- (Version vom 1.8.2018)