den Geliebten verloren und kein Mittel mehr habe, ihn wieder zu gewinnen.
Endlich beschloß sie, sich Rosa anzuvertrauen. Diese aber, anstatt ihr guten Rat zu geben, lachte sie nur aus: „Unter solchen Umständen gibt es keinen Rat. Laß ihn ruhig laufen und spar deine Galle. Das ist einmal der Lauf der Welt. Erst laufen sie sich die Hacken ab um ein Mädchen und dann lassen sie es sitzen. So sind die Männer. Ich würde mir darüber nicht den Kopf zerbrechen.“
Käthe aber wollte nichts wissen von jenem Lauf der Welt. Sie so zu verlassen ohne jeden Grund, das war doch zu grausam!… Hatte sie doch gar nichts verschuldet. Nur ihr Gesicht war etwas eingefallen; dafür konnte sie aber doch nichts!…
„Ja, ja!“ erwiderte Rosa achselzuckend. „Weiß der Kuckuck, was den Männern einfällt! Heut nennen sie dich die ‚Königin der Frauen’ und morgen einen ,Mehlsack’. Und dabei haben sie vielleicht schon wieder eine andere im Kopfe!“ fügte sie kichernd hinzu.
„Wie? Eine andere?“ rief Käthe voller Entrüstung und bei ihr ungewöhnlicher Wut. „Dieser Bestie wollte ich es anstreichen!“
Mehr konnte sie vor Aufregung nicht sprechen, nur mit geballter Faust drohte sie dieser „anderen“ ganz wider ihr sonstiges sanftes, stilles Wesen.
Rosa erhob den Kopf und blickte verwundert nach Käthes Riesengestalt, die in dem engen Verschlage noch riesiger erschien.
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 324. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/324&oldid=- (Version vom 1.8.2018)