Seite:Zapolska Käthe.djvu/309

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


Mit weiblichem Instinkte ahnte sie in ihm die unersättliche, fast viehische Leidenschaft und haßte ihn daher unwillkürlich.

Mit Fieberhast griff sie jetzt, um sich schleunigst zu entfernen, nach der Türklinke, die der Bildhauer aber ihr aus der Hand riß.

„So schnell geht das nicht, du wildes Modell!“ rief er mit herzlichem Lachen. „Erst muß ich doch einen Zettel schreiben, daß du mir den Brief richtig abgegeben hast!“

Jetzt erst entschloß sie sich, zu warten und während Wodniecki nach Schreibzeug suchte, sah sie sich im Atelier näher um.

Noch niemals war sie an solchem Orte gewesen.

Der längliche hohe Saal war ursprünglich zu einem anderen Zwecke bestimmt und nur durch die Bemühungen eines Vorstandsmitgliedes und Gönners des kleinen Bildhauers diesem zum Atelier eingeräumt worden.

Zwar war dies nur die ärmliche Werkstatt eines blutarmen Künstlers und weit entfernt von der märchenhaften Pracht, mit der die Ateliers berühmter Meister ausgestattet zu sein pflegen, aber trotzdem herrschte auch hier der Reichtum des Talentes, die Pracht genialer, mit kühner Hand oft im Nu geschaffener Entwürfe und ein Vorrat von Gedanken, die, noch an den Rohstoff gebannt, sich über diese Armut beklagten.

Auf den weißen Wänden waren mit Kohle Gestalten gezeichnet, die zwar hie und da gegen die

Empfohlene Zitierweise:
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 309. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/309&oldid=- (Version vom 1.8.2018)