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moralischem Schmerze, immer noch das geschwollene Gesicht dem kalten Regen schutzlos preisgebend.

Die menschenleeren Straßen durchrollte nur noch ab und zu eine Droschke, die das Trottoir mit Straßenschmutz bewarf. Oder ein verspäteter Kneipengast eilte vorüber, der sich vergeblich bemühte, sich mit dem Schirme vor dieser Sintflut zu schützen.

Käthe wandte sich nach rechts, ohne zu wissen, wohin die Straße führe.

Fast verlor sie die Besinnung. Während ihr die Haut förmlich glühte, war ihr im Innern so eisig kalt, daß ihr die Zähne klapperten, wie im Fieberfrost.

Mit den ziegelroten Händen wischte sie sich das Wasser vom Gesicht. Kaum trug sie noch die Last der nassen Kleider, und das Tuch auf den Schultern wurde ihr schon bleiernschwer.

Trotzdem eilte sie immer weiter, wie ein verfolgtes Wild.

Nur das wußte sie, daß sie nicht nach Hause zurückkehren durfte.

An der Haustür mußte sie Johann begegnen und oben erwartete sie der Herr, der ihr verbot, ohne die Herrin heimzukehren.

Wo aber sollte sie diese suchen?

Um das Übel voll zu machen, konnte sie sich nicht einmal erinnern, wie die Mutter hieß. Selbst wenn sie sich noch fortschleppte bis zur Berliner Straße, an welcher Tür sollte sie danach fragen.

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Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 271. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/271&oldid=- (Version vom 1.8.2018)