Seite:Zapolska Käthe.djvu/238

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


Endlich ging er die Treppe hinab und von dort schnurstracks in die Schenke, konnte aber auch beim Glase jenen peinlichen Auftritt nicht vergessen. Fast bereute er, daß er sich so hinreißen ließ und Mary so schwer beleidigte. Denn diese wäre imstande, sich an Käthe und ihm zu rächen und ein rachsüchtiges Weib ist schlimmer als der Satan.

Käthe trocknete sich inzwischen die Tränen und machte dann den Samowar zurecht. Die Herrin übergab ihr den bekannten Brief und sie sollte wieder ihr das gewohnte Stelldichein ermöglichen. Im Verlauf einiger Monate hatte sie sich das glatteste Lügen angewöhnt und alles ging über Erwarten glatt von statten. Jetzt stotterte sie nicht mehr, wie früher, wenn ihr eine Unwahrheit durch die Kehle gehen sollte. Nur die Augen schlug sie in der Regel nieder und konnte es nicht über sich gewinnen, dem Herrn gerade in das Gesicht zu sehen.

Das leichte Gelingen der täglichen kleinen Sünden ermunterte sie allmählich zu größeren.

Als sie sich anschickte, die Wohnung zu betreten, vernahm sie lautes Stöhnen im Schlafzimmer. Mitten im Eßzimmer stand die Herrin allein mit sorgenvollem Gesicht und erklärte ihr mit einigen Worten den Stand der Dinge.

Der Herr war unwohl vom Bureau heimgekehrt. Er litt an Gallensteinen, die ihm schon manchmal arg zusetzten und auch jetzt wieder heftig auftraten. Daher mußten ihm Leinsamenumschläge gemacht und Zitronensaft im Wasser gereicht werden. Dies

Empfohlene Zitierweise:
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 238. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/238&oldid=- (Version vom 1.8.2018)