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Noch immer war der Menschenfresser mit dem Kaninchen beschäftigt, dessen Blut sich mit seiner schwarzen Hautfarbe vermischte. Das Blut des Kaninchens tropfte an die Erde und erkaltete auf dem roten Tuche oder bespritzte die Leinwand der Bude.

Die dicht vor der Bühne Stehenden hielten schweigend den Atem an und beobachteten jede Bewegung des vermeintlichen Menschenfressers.

Noch enger schmiegte Käthe sich an Johann, der, diese Gelegenheit benutzend, sie in den Arm kniff. Auch jetzt ärgerte sie sich nicht darüber. Denn der leichte Schmerz bereitete ihr Vergnügen, wenn auch nicht in dem Maße wie der Anblick Johanns.

O nein, dies war etwas ganz anderes. Jetzt aber befiel sie eine seltsame Schwäche, wie eine Ohnmacht, die ihr nicht ermöglichte, sich zu wehren und seine allzu kühne Hand zurückzuweisen.

Daher stand sie vor der Bühne, wie noch immer in das Anschauen des Menschen- oder vielmehr Kaninchenfressers versunken, fühlte aber trotzdem recht gut jenes Kneifen über dem Ellbogen. Früher hätte sie sich gewiß dagegen gewehrt – . Jetzt fehlte ihr einfach dazu die Kraft.

Mein Gott! Johann war heute gegen sie so gut! Er holte sie selbst aus der Küche ab und sagte, sie sehe ganz „forsch“ aus. Und doch hätte er die Nase rümpfen können, weil sie „ohne Hut“ ging, wie ein Bettelmädchen. Er aber meinte, er sehe sie lieber „im bloßen Kopf“, das mache sich weit „forscher“.

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Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 208. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/208&oldid=- (Version vom 1.8.2018)