sonst brenn’ ich dir eins auf, daß du die Engel im Himmel pfeifen hörst!“
Eingedenk seines Faustkampfes mit dem Kanonier, bemühte sich Käthe, ihn zu beruhigen, zumal da auch der Ulan eine entsprechend drohende Haltung annahm.
Zum Glück brachte man soeben ein kleines weißes Kaninchen und die Neugier überwog die Kampflust.
Beide Gegner verstummten und sahen gespannt nach dem Schauspiele, welches sich ihren Blicken bot.
Das Kerlchen aus Brody nahm das unglückliche Kaninchen in beide Hände, riß es geschickt in zwei Hälften, entfernte die bluttriefenden Eingeweide und verzehrte das rohe Fleisch ohne jeden Widerwillen.
Neben ihm erschien jetzt auf der kleinen Bühne der Mann im grünen Wams und erklärte mit eintöniger Stimme: „Sehen Sie, meine Herrschaften, das ist der Menschenfresser. Stammt vom Berge Libanon. Im Türkenkriege fingen und zähmten ihn die Engländer. In Wien fraß er ein altes Weib auf mit Haut und Haaren.“
Mit seiner Stimme mischten sich die schrillen Klänge des Leierkastens, die durch den Vorhang drangen. Wie dieser Leierkasten, der soeben „Verdis Miserere“ schluchzte, ewig dasselbe Stück spielte, um das in der Bude herrschende Elend etwas einzulullen, so wiederholte auch dieser Mann seit Jahren stets dasselbe Geschwätz in allen Städtchen und Dörfern, in denen er sich herumtrieb.
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 207. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/207&oldid=- (Version vom 1.8.2018)