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Käthe stand ein Weilchen da, als könne sie kein Wort erwidern. In ihr kämpfte irgend ein Instinkt der Frauenseele am Vorabende ihres Falles mit dem Wunsche, sich in Johanns Begleitung zu zerstreuen.

Sie hatte das Gefühl, als müsse sie „Nein!“ sagen und sich von diesem Manne abwenden, der sie so seltsam anzog.

Bisher hatte sie auf ähnliche Vorschläge stets „Nein!“ gesagt. Heute aber fühlte sie sich völlig ohnmächtig. Die Absage wollte nicht über ihre Lippen, die der Wunsch, mit Johann den ganzen Nachmittag zu verleben, immer wieder schloß.

Er aber hielt ihr Schweigen für ein Zeichen ihres Einverständnisses und schilderte ihr mit glänzenden Farben das Vergnügen solch eines Spazierganges zu Zweien. Und unwillkürlich gab sie sich diesem Zauber hin. Mein Gott! So viele Mädchen gehen spazieren mit Männern! Weshalb sollte sie sich ewig langweilen in der Einsamkeit?

Führte Johann auch öfters recht lose Reden im Munde, so schien er doch kein schlechter Mensch zu sein und ein Mädchen konnte unbedenklich mit ihm durch die Straßen gehen.

Übrigens mußte sie ihn doch wenigstens durch Höflichkeit für die bei ihrer Verteidigung verhauene Nase entschädigen. Eine Ablehnung würde ihn beleidigen und so durfte sie doch nicht verfahren.

So hüllte sie in ihrer Einfalt den Wunsch, sich zu zerstreuen, in den Schein der Dankbarkeit, und fühlte sich nicht abgeneigt, den vorgeschlagenen Spaziergang

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Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 174. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/174&oldid=- (Version vom 1.8.2018)