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Jetzt wurde sie feuerrot. Nein! Denkt er etwa, sie ging absichtlich so allein, um Bekanntschaften zu suchen? Darüber mußte sie ihn aufklären. Mag er endlich erfahren, mit wem er es zu tun habe.

„Ach, Herr Johann“, entgegnete sie, allmählich lebhaft werdend. „Glauben S’ ja nich, daß ich gern so allein ging. Mir selbst ist das peinlich, durch die Straßen zu laufen ohne Bekannte. Leider aber hab’ ich keine Bekannten und meine Familie wohnt weit von hier, obgleich sie höchst achtbar ist!“

Und in der Betonung dieser Worte prägte sich das Bischen Stolz aus, welches sie noch tief in der Seele bewahrte.

Belebt durch diese plötzlich und unerwartet ihr so günstige Wendung wurde sie gesprächiger und blickte, ganz wider ihre Gewohnheit, mit den dunklen, jetzt lebhaft leuchtenden Augen ihm offen ins Gesicht.

Johann lauschte ihren Worten mit Behagen, hocherfreut, daß er jetzt die für ihn so schwere Rolle eines Feindes mit der eines Freundes dieses ihn so anmutenden Wesens vertauschen konnte.

Als sie zu sprechen aufgehört, blickte er sie noch ein Weilchen wohlgefällig an.

Mit Unrecht nannten sie die Mädchen im Hause den „Mehlsack“. Keines derselben konnte sich mit Käthe vergleichen, so kernig, frisch und hübsch erschien sie ihm jetzt.

Beim Sprechen stellte sie die Kanne beiseite und kreuzte beide Arme anmutig auf der Brust. Diese vollen, runden, wenn auch etwas geröteten Arme

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Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 171. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/171&oldid=- (Version vom 1.8.2018)