Das reichlich vergossene Wasser, die überall herumliegenden Kienspäne und halbverbrannten Zündhölzer und Papierfetzen, dies alles zeugte von den langen und eifrigen Bemühungen dieser trägen Frau, das Abendessen vorzubereiten.
Ohne Spur von Ärger wandte sie sich um nach Käthe und sprach mit kläglicher Stimme: „Gut, daß du kommst! Ich weiß mir gar nicht zu helfen mit diesem Samowar. Das Wasser will ewig nicht kochen!“
Hurtig ging Käthe an die Arbeit und entschuldigte sich dabei mit warmen Worten wegen ihres langen Ausbleibens. Sie habe nicht gewußt, daß es schon so spät geworden und sei daher zu lange sitzen geblieben. Die gnädige Frau sei so gut gewesen, sie zu vertreten, und sie wisse wirklich nicht, wie sie ihr dafür danken solle. Im Nu aber werde das Wasser kochen und dann bringe sie sofort den Samowar in das Zimmer.
Und nachdem sie der Herrin die Hand geküßt, zündete sie die Kohlen an unter dem Samowar und blies mit der ganzen Kraft ihrer kerngesunden Lungen, bis der Widerschein der Glut ihr das darüber geneigte Gesicht wie Purpur rötete.
Frau Julia lehnte sich dabei an die Wand und verfolgte mit den Blicken jede ihrer Bewegungen.
Wie seltsam! Sie selbst hatte sich fast eine halbe Stunde lang mit dem Samowar abgequält und Käthe erledigte in wenigen Minuten diese langweilige Arbeit.
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 160. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/160&oldid=- (Version vom 1.8.2018)