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schönen Opfer wiederzukommen, etwa einem Herzchen oder einem Kreuzchen von gelbem Wachs.

Inzwischen ward es in der Kirche immer dunkler. Ab und zu schallte durch die immer auf- und zugehende Tür das Rollen einer Droschke bis in das Kirchenschiff, verstummte aber dort, wie betroffen über die eigene Keckheit.

Die barmherzigen Brüder sangen nicht mehr und entfernten sich nach und nach oder lasen beim Lichte ihrer dünnen Talgkerzen Gebete ab.

Allmählich wurde es still in der ganzen Kirche. Die Leute verschwanden in der Dämmerung wie Schatten, die sich in formlose Massen verwandelten.

Tiefer Friede schien aus den dunklen Kapellen zu wehen, von den Spitzbogen des Gewölbes herabzuschweben an den Mauern entlang und die Menschenherzen zu erfüllen, die an den Stufen des Altars Trost und Linderung suchten.

All die formlosen Massen, die in den dunklen Winkeln auf den Knieen lagen, beugten sich immer tiefer zur Erde unter dem Eindrucke des Friedens, welcher die schmerzdurchzuckten Herzen beseelte.

Wäre nicht dieser stille Zufluchtsort, wo sie den ganzen Sonntagnachmittag verweilen konnten, wohin sollten diese traurigen, vereinsamten Wesen sich flüchten?

Wohin geriete diese ganze Schar, die nur in ihrem blinden, fanatischen Glauben sich aufrecht erhält und die Kraft schöpft zum Kampfe mit der Not und der Versuchung?

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Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 148. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/148&oldid=- (Version vom 1.8.2018)