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sich an den Mauern entlang fortsetzte bis zu den Fenstern, um dort ein Echo hervorzurufen und wie Stockschläge auf die grausam Getroffene herabzufallen.

Was hatte sie denn nur verbrochen, daß man sie so behandelte? Daß sie viel größer gewachsen war als die andern, war doch nicht ihre Schuld.

Und sie selbst hätte gewiß nicht so gelacht beim Anblick einer anderen, und wäre die zweimal größer als sie selbst. Kann doch nicht jede so aussehen wie von Porzellan.

Obgleich sie allen so viel wie möglich aus dem Wege ging, um keinem hinderlich zu sein, lachten sie dennoch sie aus und ließen ihr keine Ruhe.

In ihrer grenzenlosen Sanftmut fand sie kein scharfes Wort, um ihre Witze und Spöttereien von sich abzuwehren. Wußte sie doch, sie könne, wenn sie nur dazu den Mut hätte, den ganzen Spötterschwarm zum Schweigen bringen, der auf sie losstürzte, wie auf die Allerverworfenste.

Niemand aber bereitete ihr so viel Kummer, als gerade – Johann.

In ihrer Einfalt und Biederkeit suchte sie keine Ausflüchte und wünschte nicht, sich selbst zu täuschen. Gleichwohl fühlte sie, daß Johann ihr sehr gefiel. Und diesem Gefühle gab sie sich hin mit dem Gehorsam eines von jeher an Nachgiebigkeit gewöhnten Wesens.

Als er sie damals auf der engen Treppe so roh behandelte, erfüllte sie die gewohnte Angst bei Annäherung

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Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 132. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/132&oldid=- (Version vom 1.8.2018)