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Lampen. Dies war seine gewohnte Beschäftigung, die ihm die langen Nachmittagsstunden ausfüllte.

Als Käthe mit schüchterner Stimme ihr die Bitte um ein Buch vorstammelte, geriet Julia sichtlich in Verlegenheit. Sie hatte Käthe sehr gern und fühlte gegen sie eine gewisse Dankbarkeit dafür, daß sie ihr half, den Gatten zu hintergehen… Gern also hätte sie ihren Wunsch erfüllt, aber Käthes Bitte erschien ihr so sonderbar, daß sie wirklich kaum wußte, wie sie sich aus dieser Lage herauswinden solle.

Eine Magd bat sie um ein Buch!

Was sollte sie ihr zu lesen geben, sie, die außer den Familiennachrichten in der Zeitung fast gar nichts weiter las? In der Apathie ihres geist- und seelenlosen Schneckenlebens wäre es ihr niemals in den Sinn gekommen, daß eine Magd sie um ein Buch bitten könne.

Gleichwohl fühlte sie die Berechtigung dieser Bitte und strengte, an den blutleeren Lippen nagend, all ihr bischen Verstand an, um irgend ein Buch herauszufinden, über welches sie ohne Wissen des Gatten verfügen konnte.

Denn Budowski um irgend ein Buch zu bitten, welches dort in der Nische mitten unter den leeren Riechfläschchen schlummerte, das wäre gerade so, als träte sie auf ein Otternnest.

Sie selbst besaß gar keine Bücher, außer einem Gebetbuche mit Samteinband. Hier aber überwog die Selbstsucht das gute Herz:

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Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 119. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/119&oldid=- (Version vom 1.8.2018)