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Plötzlich wurde die Tür vom Eßzimmer geöffnet und herein trat Budowski. Nervöser als jemals, gebot er der Sängerin mit entsprechender Handbewegung Schweigen.

„Barmherziger Gott“, stöhnte der Filz. „Wozu heulst du so laut?“

Tiefbeschämt verstummte sie. Nur um die eigene Stimme einmal wieder zu hören, hatte sie sich etwas vorgesungen und der Herr warf ihr vor, sie „heule so laut“! Das betrübte sie doch sehr und drückte sie nieder.

Den Rest ihrer Freistunden verbrachte sie auf der Truhe hockend und wagte nicht, sich zu rühren, um ja kein Geräusch zu machen.

Als sie durch das Gitterfensterchen ein Stück vom blauen Himmel über sich sah, schnürte es ihr fast die Kehle zu und sie war dem Weinen nahe.

Solch junges Blut sehnt sich doch auch nach der Welt und nach Menschen.

Käthe beschlich solche Sehnsucht, daß ihr das Herz wehtat.

So saß sie denn da in ihrem Winkel und blickte empor zu dem Stückchen Himmel und dachte bei sich, wie schön es doch sein müßte, an solchem Tag in die Stadt zu gehen oder mit der Pferdebahn zu fahren!

In der dritten Woche ihres Dienstes bei Budowskis sah Käthe, als sie Sonntags nachmittags nach Wasser ging, durch die halb offene Tür die gräfliche Köchin am Fenster sitzen mit einem Buch in der

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Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 117. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/117&oldid=- (Version vom 1.8.2018)