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Allmählich bis zur Haustür der Herrschaft gelangt, überlegte Käthe einen Augenblick, was sie tun solle.

Da die Herrin ihr befahl, erst nach einer halben Stunde heimzukehren, wollte sie vor der Tür noch so lange warten und dann sich in die Küche schleichen, um etwaigen Fragen seitens des Herrn auszuweichen. Vielleicht würde ihr dies gelingen…

Daher lehnte sie sich an die Wand hinter der Haustür. Plötzlich erhob sich jemand aus der Ecke ihr gegenüber und näherte sich ihr. Beim Scheine der Straßenlaterne erkannte sie Johann und flammendes Rot übergoß ihre Wangen. Was mußte er von ihr denken, wenn er sie abends so vor der Tür stehen sah. Welches Licht warf es auf sie, wenn sie gleich am ersten Abende nach Antritt ihres neuen Dienstes so müßig ging.

Fast grollte sie der Herrin, die sie so dem Verluste der guten Meinung in Johanns Augen aussetzte. Gewiß hielt Johann sie für leichtfertig und darin hatte er ganz recht. Sich entschuldigen oder ihn aufklären durfte sie aber nicht, ohne das Vertrauen der Herrin zu täuschen und sie den größten „Unannehmlichkeiten“ auszusetzen.

Schweigend mußte sie daher das zweideutige Lächeln hinnehmen, mit dem Johann sich ihr näherte.

„So allein, Fräulein? Warten Sie vielleicht auf – ihn?“ fragte er, kokett seinen abgetragenen Kittel glattzupfend.

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Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 84. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/084&oldid=- (Version vom 1.8.2018)