Jetzt erst erinnerte sie sich Käthes, die im Schatten stand und nach der vom gelblichen Lichtschein der Droschkenlaterne matt erhellten Herrin blickte.
Schnell sie herbeirufend, befahl sie ihr: „Geh nicht gleich nach Haus und erst nach einer halben Stunde in die Küche. Wenn der Herr dich fragt, wohin du mich begleitest, so sagst du: nach der Berlinerstraße. Dann leg dich schlafen und laß die Tür offen. Schieb den Riegel zurück, wenn der Herr schläft! Verstanden?“
Käthe schwieg, als sie sah, wie sie unbewußt in ein immer schlimmeres Labyrinth von Lügen geriet, die sich aneinander reihten, wie Perlen an der Schnur.
„Tu ja alles, worum ich dich bat“, fügte Julia hinzu, als sie schon neben dem Manne in der Droschke saß. Dabei strich sie Käthe die Backen, vorüber diese unwillkürlich lächeln mußte.
„Heda!“ rief sie dann dem schlaftrunkenen Kutscher zu. „Fahrt uns durch den Schlagbaum zum Tore hinaus!“
Und langsam den schwarzen Kasten hin und her wiegend, setzte sich die Droschke in Bewegung und rollte über das holprige Pflaster…
Gepreßten Herzens und wie betäubt begab sich Käthe auf den Heimweg. Die Herrin fuhr durch den Schlagbaum zum Tore hinaus und die Mutter wohnte doch offenbar, wie sie dem Herrn sagen sollte, in der Berlinerstraße. Wozu fuhr sie davon im geschlossenen Wagen mit jenem Mann, der so ärgerlich
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 82. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/082&oldid=- (Version vom 1.8.2018)