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Ach! Und jener traurige Abend, als sie die Mutter tot im Bette fand…

Mein Gott! Wie weh tat ihr damals das Herz. Welch heiße Tränen weinte sie beim Anblick ihres kalten, toten Mütterchens!

Fände diese gute Frau die Mutter auch tot im Bette, das wäre schrecklich!…

Plötzlich eilte Julia quer über die Straße. Bei der Kirche hielt eine geschlossene Droschke und vor dieser schritt ein Mann von stattlicher Gestalt auf und ab. Seine brennende Zigarre erhellte manchmal sein regelmäßiges Gesicht, bis es wieder verschwand im Schatten, wie eine phantastische Erscheinung.

Auf dem Bocke schlief der Kutscher und wartete mit philosophischem Gleichmute auf den Befehl, wohin er fahren solle. Der magere Gaul überließ sich mit gesenktem Kopf und krummen Knieen seinem Schicksale. Der häßliche, schwarze, verdeckte Wagen glich dem vor der Kirchentür stehenden Leichenwagen eines Armen.

Julia eilte auf den Mann zu, der sie am Wagenschlag erwartete, ihr dann die Hand reichte und die Zigarre fortwarf, um sie mit dem Fuße auszutreten.

Ermattet vom schnellen Lauf und wie betäubt von der Nachtluft, lehnte sie sich ein Weilchen an das Kutschenleder.

„Ich warte schon eine halbe Stunde“, flüsterte er mit leisem Vorwurf in der Stimme.

„Du weißt ja, wie schwer es hält… Ich konnte nicht eher fort“, erwiderte sie, schwer aufatmend.

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Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 81. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/081&oldid=- (Version vom 1.8.2018)