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besser aussehen“, erwiderte Käthe, überglücklich, daß ihre schöne Herrin sie so freundlich anredete.

„Mein Mann, das heißt der gnädige Herr“, verbesserte sie sich, „liebt die Ordnung. Danach mußt du dich richten, ich bitte dich darum.“

Erstaunt hob Käthe den Kopf.

Wie? Ihre Herrin bat sie um Erfüllung ihrer Pflichten?

„Noch einen Auftrag habe ich für dich“, fuhr die Frau nach kurzem Zögern fort. „Du scheinst mir ein gutes Mädchen zu sein. Diene mir nur immer treu, du sollst es nicht bereuen. Wenn du den Samowar hereinbringst und mich am Tische sitzen und eine Semmel aus dem Korbe nehmen siehst, so geh’ sofort zurück in die Küche und komme nach einem Weilchen wieder herein mit diesem Briefe. Gib ihn dem gnädigen Herrn und sag’ ihm, ein Bote habe ihn soeben gebracht. Dann geh’ wieder heraus und komme nicht eher wieder, bis ich dich rufe.“

Bei diesen Worten streckte die Frau ihr weißes, weiches Händchen aus, um Käthe den mit großen Buchstaben adressierten Brief einzuhändigen.

Eine seltsame Verlegenheit ergriff sie beide. Käthe trocknete sich, ohne von den Knieen aufzustehen, die nassen Hände, nahm den Brief entgegen und schob ihn hinter die Jacke.

Die Herrin gebot ihr also zu lügen und den Herrn zu hintergehen. Im Gefühle, dies sei doch wohl nicht recht gehandelt, suchte Käthe ihre Verwirrung im Schatten der Dämmerung zu verbergen.

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Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 66. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/066&oldid=- (Version vom 1.8.2018)