Als sie eintrat, lag Felix, wie gewohnt, auf dem schmutzigen Federbett mit der Miene eines Mannes, dem sein sicher angelegtes Kapital ein anständiges festes Einkommen bringt. Sein plumpes, faltenreiches Gesicht verschwand fast in den Rauchwolken seiner „Habanna“. Vor kurzem vom Mittagessen heimgekehrt, hielt er jetzt in aller Ruhe seine Siesta ab.
Die schmutziggrauen Wände des Stübchens waren verräuchert vom Tabaksqualme und beklebt mit bunten Papierschnitzeln, Zeitungsausschnitten und Anzeigen oder mit vergoldeten Buchstaben und Kleiderstoffproben.
Dies war die einzige Arbeit, zu der sich Felix manchmal noch herbeiließ.
Eingedenk des Grundsatzes: „Utile cum dulci“, schmückte er die Wände des staubigen Stübchens mit derartigem Plunder.
„Dann hast du wenigstens noch ein Andenken von mir“, sagte er einmal zu Rosa, als diese sich ärgerte über die Mehlverschwendung zum Kleister.
Damit verschloß er ihr sofort den Mund. „Trennung“, das war ihr das schrecklichste Wort, das von seinen Lippen fiel.
Auch sie sprach es öfters aus in den täglichen Zänkereien. Sobald aber Felix eine Veränderung in ihrem Zusammenleben nur andeutete, verging sie fast vor Angst, wie gegenüber dem Tode oder einer unheilbaren Krankheit.
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 50. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/050&oldid=- (Version vom 1.8.2018)