„Na, also aus Lehm!“ unterbrach der Literat mit entsprechender Handbewegung ihren Redestrom. „Und tat dir das weh?“
Obwohl Käthe die strengsten Erinnerungen ihrer Kindheit in sich wach rief, vermochte sie sich darüber nicht klar zu werden und schwieg daher hartnäckig.
„Na, siehst du, Närrin. Hat es dir damals nicht wehe getan, wird es dir jetzt auch nicht wehe tun.“
„Und drei Groschen erhältst du für die Stunde“, unterbrach ihn der Bildhauer, indem er die kleine Gestalt reckte und mit den Händen auf die Taschen schlug, um mit den Schlüsseln zu klirren und den Klang hervorzurufen, als fülle bares Geld die Taschen seines Sommeranzuges.
Käthe schwindelte es nachgerade im Kopfe.
Wie? Dieses Bürschchen wollte so mächtig und weise sein, wie der Herrgott?…
Ganz empört war sie über solche Mißachtung des göttlichen Namens.
Dazu kam noch, daß der widerliche Fuselgeruch ihr fast die Brust zusammenschnürte, wie die Angst vor etwas Unbekanntem, als öffne sich vor ihr ein jäher Abgrund. Ihr war, als habe sie selbst einen Rausch sich angetrunken, den ihr schwacher Kopf nicht zu tragen vermochte.
Die Männer aber schütteten sich aus vor Lachen. Auch Rosa freute sich, daß sie mit ihrer Freundin so scherzten, und stimmte mit ein in die Heiterkeit die den ganzen Hof erfüllte.
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/045&oldid=- (Version vom 1.8.2018)