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weder auslachte noch verhöhnte, weil er sie auf ihre demütige Bitte losgelassen. Was sollte er aber auch tun, als sie ihn so flehend ansah, daß es ihm fast die Brust zusammenschnürte.

Einst wollte er aus dem dritten Stock ein Kätzchen herabwerfen, welches sich im Hause verirrte und nach dem Boden klettern wollte. Ohne sich zu wehren, blickte es ihn nur ganz ebenso flehend an wie diese Käthe, als er sie an die Wand drückte.

Wie sonderbar! dachte er. Jede andere an ihrer Stelle hätte nur dazu gelacht. Denn die Mädchen lieben sogar meist solche Scherze. Davon war aber hier keine Rede. Manche lieben eben so etwas, manche auch nicht. Zu letzteren gehörte also Käthe.

Hierauf versank Johann in tiefes Sinnen über den Charakter und die Schwächen seiner neuen Bekanntschaft…


Die Freundin, bei welcher Käthe genächtigt hatte, hieß, wie schon bemerkt, Rosa und ihr Dienst in der Milchhandlung währte täglich vierzehn Stunden. Die übrige Zeit stand ihr zur Verfügung.

Rosa war eine kleine, dralle Brünette mit einer Gesichtsfarbe, wie geliehen von den Milchschüsseln, die sie sechs Monate hindurch im Jahr herumtrug in ihrem unter der rechten Achsel ein wenig aufgeplatzten Kleide.

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Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 25. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/025&oldid=- (Version vom 1.8.2018)