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Käthe stieß ihn nicht ganz zurück, weil ihr dazu die Kraft fehlte. Mit leiser, zitternder Stimme aber bat sie ihn sanft: „Ich bitt’ Sie, lassen S’ mich weitergeh’n! Bitt schön…“

Und so viel inbrünstiges Flehen zitterte in diesem leisen Flüstern, so viel maßlose Angst sprach aus ihren weitgeöffneten Augen, daß Johann langsam zurücktrat vor dieser echten Unschuld, die mit Gewalt sich nicht wehren konnte oder wollte und nur in sanfter, echt weiblicher Bitte ihren Schutz sah und fand.

Diese Bitte aber war hundertmal wirksamer, als alle heftigen Kämpfe, die er so manchmal schon mit anderen Mädchen aus seiner Sphäre zu bestehen hatte. Diese Riesin bediente sich nicht ihrer Fäuste zu seiner Abwehr, obwohl sie sich an Kräften recht gut mit ihm messen konnte. Seiner Gnade sich unterwerfend, bat sie ihn demütig um Mitleid mit ihrer Schwäche.

Mit diesem weiblichen Liebreiz und dieser Demut vor der männlichen Übermacht besiegte sie ihn unbewußt und besänftigte seine Sinne.

Seine törichte, einfache, fast tierische Natur beugte sich schweigend vor der Überlegenheit des Mädchens, welches sich sowohl äußerlich, als durch sein Verhalten von allen anderen auszeichnete, denen Johann in seinem Leben begegnet war.

Fast beschämt trat er zur Seite und beleuchtete nur stumm mit erhobener Laterne ihr Antlitz,

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Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/016&oldid=- (Version vom 1.8.2018)