Geschlechtes, welches sich unzweifelhaft auszeichnen würde durch unverwüstliche Gesundheit, riesigen Körperbau und fast tierische Kraft.
Trotz dieses beinahe männlichen Wuchses war Käthe ein Weib im vollen Sinne des Wortes. Sonst streifen meist so kräftige, üppig gebaute Formen allen Zauber der Weiblichkeit von sich ab und tragen ihre plumpen Zwitterformen mit der tölpischen Keckheit beurlaubter Soldaten umher. Bei Käthe jedoch verblieb jener Zauber und alle kerngesunde Mädchenfrische mit all ihrem Liebreiz und ihrer sanften Schüchternheit, obgleich sie wie das klassische „Weib aus dem Volke“ gebaut: mit breiten Hüften auf kräftigen Füßen.
Die der ebenso breiten Brust entschwebende Stimme war harmonisch klangvoll und nur etwas erzitternd, als habe sich das Stimmchen einer kleinen Blondine in den Brustkasten dieser dunkeläugigen Walküre nur verirrt.
Wohlgefällig betrachtete die Hausfrau diese Riesin, die mit ihrem Rücken den vierten Teil der Küchenbreite bedeckte.
Obgleich also das einzige Zeugnis im Dienstbuch ausdrücklich lautete: „Sie stand immer vor der Tür und war schnoddrig“, wollte sie diesen Worten nicht glauben und nahm Käthe in Dienst: Das würde ein tüchtiges Mädchen werden, das allein Wasser und Kohlen trägt, sodaß man keine Aufwärterin zu bezahlen braucht…
Gabriela Zapolska: Käthe. Berlin o. J., Seite 9. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Zapolska_K%C3%A4the.djvu/009&oldid=- (Version vom 1.8.2018)