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hervor in der Lehre von der Ordination, in welcher Grabau nicht, wie Missouri, nur eine löbliche Ceremonie, sondern eine gebotene göttliche Ordnung, ein wesentliches Stück des rite vocatum esse sah, worunter sich ihm electio, vocatio und ordinatio befaßte.

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 Kein Zweifel, daß Grabaus Anschauungen der Strömung des amerikanischen Geistes ebenso zuwiderliefen, als die missourischen sich ihr anschlossen. Nichts konnte für die amerikanische Denkweise, welche auch keine andere politische Autorität kennt, als die durch Mandat des Volkes übertragene, einleuchtender sein als die Lehre, daß das Amt von der Gemeinde in Vollmacht des geistlichen Priestertums übertragen werde. Vielleicht ist die Anziehungskraft der Missourisynode und ihr außerordentliches Wachstum teilweise wenigstens dieser Anpassungsfähigkeit an amerikanische Grundsätze zuzuschreiben, während die Anschauung der Buffalosynode an und für sich schon nicht leichten Kampf gegen die amerikanische Strömung hatte. Dennoch würde Grabaus Richtung, so gewiß in ihr ein Kern der Wahrheit war, auch in Amerika eine Zukunft gehabt haben, wenn nicht Grabau selbst die von ihm vertretene Sache durch hierarchische Anmaßung aufs tiefste geschädigt hätte. Er erhob nämlich auf Grund von Ebr. 13, 17 den ungeheuerlichen Anspruch auf „Treue und Gehorsam der Gemeinde gegen ihren Hirten in allen Dingen, die nicht wider Gottes Wort seien“ – also auch in Angelegenheiten des zeitlichen Lebens. Der maßlose Anspruch erzeugte natürlich nicht selten den Widerspruch der Gemeinden, der von Grabau mit Bannstrahlen und Exkommunikationsdekreten bekämpft wurde, ein tyrannisches Verfahren, welches bald zu einem Zusammenstoß mit der Missourisynode führte. Letztere hatte in mehreren Fällen ehemaligen buffaloischen Gemeinden oder Bruchteilen von Gemeinden, die der Grabauschen Exkommunikation verfallen waren, Aufnahme in ihren Verband und kirchliche Versorgung

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 85. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/90&oldid=- (Version vom 1.8.2018)