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hatten, im alten Vaterland sich einen häuslichen Herd zu gründen. So trat nach dem kirchlichen und nationalen auch der sociale Gesichtspunkt in Löhes Kolonisationsbestrebungen hervor. Der Verarmung und den aus ihr erwachsenden sittlichen Gefahren durch zweckmäßige Leitung der Auswanderung und eine gewisse materielle Fürsorge für arme Auswanderer, vor allem aber durch deren Gewöhnung an die sittliche Zucht der Arbeit so viel als möglich zu steuern, erschien ihm als eine große Aufgabe der inneren Mission, wert, daß zu ihrer Lösung Staat und Kirche sich die Hände reichen. In einer 1849 erschienenen Broschüre über die fränkischen Niederlassungen in Saginaw County schreibt er: „Viele Tausende von armen Deutschen verfallen daheim dem Proletariat. Es ist für Vereine wie für Staaten unmöglich, die schrecklich anwachsende Verarmung zu dämpfen oder auch nur auszuhalten. Dagegen wäre es mit Aufwand von viel wenigeren Kräften, als man jetzt vergeblichen Erbarmens in ein bodenloses Faß ausschüttet, sehr leicht möglich, Tausenden von Armen in Nordamerika ein hinreichendes Auskommen zu verschaffen. Ja, wenn man nur ohne alle Aufopferung von Kräften vereinten Sinnes dahin arbeitete, daß die vielen Tausende, welche gegenwärtig im letzten Stadium der Verarmung sind und gerade noch so viel haben als nötig ist, um übers Meer zu fahren und sich ein kleines Erbe zu kaufen, an die rechten Orte gebracht und ihnen fürsorgend an die Hand gegangen würde: es würden damit viele Quellen der Verarmung zugestopft und könnte damit zum Heil des Vaterlandes sicherer und Größeres gewirkt werden, als wenn man die bereits Verarmten deportierte und versorgte.“

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 Löhe selbst konnte natürlich bei der Geringfügigkeit der ihm zu Gebote stehenden Mittel nur im bescheidensten Maße die Erreichung dieses christlich humanitären Zweckes anstreben. Es ist bezeichnend für ihn, daß er auch hierin von dem ihm zunächst liegenden

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 69. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/74&oldid=- (Version vom 1.8.2018)