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Hütte für die ganze Kolonie, 17 Personen, war so eingerichtet, daß eine der größten Kisten in der Mitte mein Lager ausmachte. Die beiden Englischen kampierten neben mir, während die andern rund um mich her im Kreise lagen. Trotz der unfreundlichen Witterung herrschte unter allen doch ein recht fröhliches Wesen; alle sahen ein, daß der HErr uns an einen lieblichen und fruchtbaren Ort geführt habe, wo es uns bei redlicher Arbeit unter dem Segen des HErrn nicht an dem täglichen Brote fehlen würde.“

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 Wer jetzt die behäbige, stattliche Kolonie sieht, wie Schreiber dieses vor sechs Jahren, ahnt freilich nicht, welche Mühe es kostete, hier eine menschliche Existenz zu gründen. – Anfangs hatte die neue Kolonie, welche durch die Vorteile ihrer Lage ihre Schwesterkolonien rasch hätte überflügeln können, unter der Ungunst der politischen Verhältnisse Deutschlands im Jahre 1848 zu leiden. Die Unruhen dieses Jahres drückten in der alten Heimat den Güterwert herab; viele, die gern den drohenden Verhältnissen entronnen und über das Meer gezogen wären, konnten nicht verkaufen; auch schreckte die Furcht vor der Blockade der Elbe- und Wesermündungen durch die Dänen. Die Auswanderung kam ins Stocken, und Frankenlust erhielt infolgedessen anfangs wenig Zuzug. Löhe dachte unter diesen Umständen sogar an die Zurückziehung des Kolonisationskapitals und sah sich auch wirklich genötigt, es teilweise zu kündigen. Die Pastoren Sievers und Crämer waren indessen nicht geneigt, den Kolonisationsplan so leichthin fallen zu lassen. Sie baten, den Rest des Kapitals zu nochmaliger Umsetzung in ihren Händen zu lassen. Noch ehe Löhes Genehmigung eingetroffen war, waren sie mutig zu einem neuen Unternehmen geschritten, indem sie am Cheboygeningflusse 1592 Acres Land ankauften. Indem Löhe nachträglich diesen Ankauf billigte, hoffte er zugleich einen schon früher von ihm bewegten Gedanken verwirklichen zu können: die Gründung einer Kolonie für arme Brautleute, die keine Hoffnung

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 68. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/73&oldid=- (Version vom 1.8.2018)