Seite:Wilhelm Löhes Leben Band 3.pdf/57

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

begann es sich auch unter den Alten zu regen, und vieler Herzen gingen auf.

 Sonntags hielt der Missionar Gottesdienst. Aber diese gottesdienstlichen Versammlungen waren fürs erste ziemlich urwäldlicher Art. Alt und jung saß durcheinander. Die Knaben unarteten, die Kinder spielten und schrieen laut dazu. Noch lauter schrieen die Mütter, daß die Kinder ruhig sein sollten. Die Weiber plauderten mit ihren Nachbarinnen, die Männer schmauchten ihre Friedenspfeifen. Von Wirkung des Worts war anfangs nichts zu spüren. In aller Gemütsruhe erklärte ein Indianer nach einer Predigt dem Missionar: er hasse ihn zwar nicht, aber er werde seinem Rate nicht folgen. Ein anderer, zu Bemerkungen über die Predigt aufgefordert, fragte den Missionar, was es mit dem Nordlicht für eine Bewandtnis habe. Doch nach und nach wurde es besser. Aus der Schule erwuchs die Gemeinde. Die Kinder verlangten zuerst nach der Taufe, die Alten folgten nach. Bald erhob sich auch ein Kirchlein mit Turm und Glocke. Über fünf englische Meilen weit hörte man die Glocke im stillen Walde; die Indianer freuten sich hoch und kamen auf ihren Schall von allen Seiten herbei. Mit Sonnenaufgang ward sie geläutet; gleich darauf versammelten sich der Missionar und seine Hausgenossen im Kirchlein, sangen ein deutsches Lied und hielten ihren Morgensegen. Inzwischen kamen die Indianer herbei, dann wurde ein indianisches Lied gesungen, ein Kapitel im indianischen Neuen Testament gelesen und gebetet. So ging es jeden Morgen das ganze Jahr hindurch. Auch abends kurz vor Sonnenuntergang erscholl die Glocke wieder und der Tag wurde beschlossen, wie er begonnen worden war.

 Nachdem es durch Gottes Gnade in den Herzen der Indianer anders geworden war, versuchte der Missionar auch eine Änderung im äußern. Er versammelte die Männer und stellte ihnen vor, wie sie durchaus nicht nötig hätten, jedes Frühjahr mehrere Wochen

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/57&oldid=- (Version vom 1.8.2018)