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Tod und Begräbnis.


 Noch bis ein halbes Jahr vor seinem Tode versuchte es Löhe, ab und zu zu predigen. Sein Zustand blieb im allgemeinen gleich, nur daß das fortschreitende Leiden allmählich auch die edleren Organe, Herz und Gehirn, ergriff. Da war es Wohlthat, daß Gott die Tage des Elends verkürzte und dem Leben ein Ziel setzte, ehe die Krankheit einen Verfall nicht nur der leiblichen, sondern auch der geistigen Kräfte herbeiführte. Gott hat hierin seinen Wunsch, daß er keine unnütze Last des Erdbodens werden möge, gnädig erhört und andern den schmerzlichen Anblick erspart, die Geistesleuchte Löhes erlöschen, das Leben dieses reichen Geistes zu einem bloßen Vegetieren herabsinken zu sehen. So blieb er doch, trotz seiner Schwachheit, allerdings getragen durch die schonende Rücksichtnahme seiner Umgebung, der Mittelpunkt seines Lebenskreises; der Hirtenstab des Pfarrers und der Herscherstab des Rektors glitt nicht aus seinen Händen, und wenn auch das Getriebe des gesamten Anstaltswesens infolge des mangelnden Eingreifens des Leiters sich verlangsamte, da und dort auch Stockungen eintraten, so blieb doch sein bloßer Name für die Anstalten ein Faktor von solchem moralischen Werte, daß Übelstände dieser Art nicht so schwer ins Gewicht fielen. Es ist ihm nicht begegnet, was so manchem andern, daß sein Lebenswerk bei seinen Lebzeiten sich von seiner Person loslöste; erst der Tod war seine völlige Entlassung aus Amt und Beruf, die Stunde des nunc dimittis.

 Mit dem zu Ende gehenden Jahr 1871 neigte sich auch sein Lebenstag zum Untergang. Ein Schwächeanfall überkam ihn kurz vor Weihnachten, der zwar weder den Seinen noch auch dem treu um ihn bemühten Arzt unmittelbare Besorgnis einflößte, in ihm aber das bestimmte Vorgefühl des nahen Endes erweckte. Am IV. Advent, dem Tag vor Weihnachten, begehrte und empfing er

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 322. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/327&oldid=- (Version vom 1.8.2018)