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Tagebuch: „Ich lese alles als ein „Geschlagener“, Abschiednehmender, Verabschiedeter. Für das immer und immer sich regende Streben meiner Seele finde ich fortwährend Mahnung, daß es mit mir für diese Welt am Ende sei, weil ich krank und invalid bin. Ob das noch einmal anders wird? Ob fertig mit dieser Welt, sehnsüchtig nach dem Himmel, meine Seele doch noch ein Stück recht klaren, bewußten Wirkens zum Heil der Brüder finden wird? Alle meine Gedanken sind vor Dir! Du siehst meine innere Bewegung. Ohne Deinen Geist, Dein Maß und Deine Kraft, auch leibliche, kann ich auch dem bescheidensten Ziel einer neuen Lebensstrecke nicht nachjagen. Ich will vor Dir schweigen, auf Dich warten – Da aber behalte mich ewig und verkläre meine arme Seele für Dein ewiges Reich.“

 Etwas hoffnungsvoller lautet der letzte Eintrag in sein Reisetagebuch: „Ob ich nun mit größerer Kraft und besserer Gesundheit nach Neuendettelsau zurückkehre? Diesen Morgen wäre ich geneigt, die Frage zu bejahen. Jedenfalls, wie ich jetzt sehe, – ich habe ja viel studiert – liegen für mich der Aufgaben noch viele zu lösen vor, wenn ich länger lebte. Die Gemeinde, die Anstalten, die Gesellschaften, die Kirche – was bedürfen sie alles und wie viel erübrigt! Kann und will der HErr mich noch brauchen, so will ich Ihm dienen. Wenn Er mich nicht brauchen will, so wolle Er meine Seele völlig bereiten, daß sie Sein Eigentum ewig bleibe. Amen. Nur Sein!“

 Etwa ein Jahrsiebent des Wirkens war Löhe von da an noch gegönnt. Er bewältigte auch in diesen Jahren noch ein erstaunliches Arbeitspensum, aber allmählich machte sich doch die Abnahme der früher unerschöpflich scheinenden Kraft auch für andre bemerkbar. Jetzt hätte er kräftigere Unterstützung anderer bedurft, aber eben jetzt fehlte sie ihm. Sein reichbegabter Vicar Dr. Weber verließ 1864 seine Stellung in Neuendettelsau, um eine ihm übertragene

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 315. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/320&oldid=- (Version vom 1.8.2018)