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hatte er eine eingestandene Vorliebe, die ihn in früheren Jahren bei Anwesenheiten in Nürnberg öfter in den Bannkreis jenes Lokales zog. Ein zu Scherz aufgelegter Freund hatte ihm deshalb einmal zum Geburtstag folgendes Gelegenheitsgedicht gemacht und ihm damit eine Erheiterung bereitet:

„Das wäre ein schönes Weingelände,
Wo man die Reben mit Würsten bände.“

 So sagt Goethe...

„Drum wünsche ich Ihnen zu Ihrer Ruh
Den schönsten Weinstock und Würste dazu.“

Delikatessen blieben ihm fremd. Er verzeichnet es als Merkwürdigkeit in seinem Tagebuche, als er kurze Zeit vor seinem Tode eine Ananas geschenkt erhielt, mit der Bemerkung: „Zum ersten Mal in meinem Leben eine solche Frucht gegessen.“

 Dieser Einfachheit und Bedürfnislosigkeit kam seine wahrhaft paulinische Uneigennützigkeit gleich. Ein auswärtiger Rektor eines Diakonissenhauses sagte zu dem Schreiber dieses einmal: „Es ist wahr, wir Diakonissenpastoren genießen am ersten der Früchte des Ackers, den wir bebauen.“ Er meinte dies im Sinn von 1 Cor. 9, 7 und 2 Tim. 2, 6. Dem war bei Löhe nicht so: er nahm von dem Diakonissenhaus für all die große Arbeit, die er an demselben that, keinen Gehalt, auch nicht in der indirekten Form von Geschenken. Die Mittags- und Abendkost, die er sich von der Küche der Diakonissenanstalt nach Hause bringen ließ, bezahlte er um den damals üblichen Preis. Seinem ersten Gehilfen an der Anstalt, Lotze, reichte er, weil derselbe ihm auch persönliche Dienste als Vicar in der Dorfgemeinde leistete, einen Teil seines Gehalts, um die Diakonissenanstalt um den gleichen Betrag zu entlasten. Hat der Apostel Paulus 1 Cor. 9 es als seinen fast möchte man sagen „eifersüchtig“ gehüteten – Ruhm bezeichnet, daß er das Evangelium „kostenlos“ und sich selbst den Gemeinden so

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 298. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/303&oldid=- (Version vom 1.8.2018)