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O HErr, gedenke mein in meiner schweren Zeit und laß nicht meine Kraft verzehrt werden durch den Druck der zeitlichen Dinge. Um Jesu willen. Amen.“

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 Eine neue und schwere Last dieser Art legte sich auf Löhes Schultern, als sein ältester Sohn mit seiner Zustimmung und auf sein eifriges Betreiben das ehemalige Rittergut Polsingen käuflich erwarb. Löhe hatte an diesem Kauf ein besondres Interesse: er wünschte, wie wir wissen, in dem unbenutzt dort stehenden herrschaftlichen Schloß eine Filiale der Dettelsauer Blödenanstalt zu errichten, die längst Bedürfnis war. Zugleich hoffte er auch Segen für das zeitliche Fortkommen seines Sohnes, wenn derselbe mit dem erworbenen Besitz irgendwie in Verbindung mit den Zwecken des Reiches Gottes käme. So redete er ihm zu dem teuren Kaufe zu und riet ihm, um nicht allein mit einer allzuschweren Last des Lebens sich schleppen zu müßen, „den HErrn Jesum als Vorspann zu nehmen.“ Luther macht in seiner Auslegung der Genesis bei der Geschichte Abrahams die Bemerkung, wie es das Loos der Väter sei, die Prüfungen und Glaubenskämpfe heranwachsender Söhne, gleichsam in Wiederholung des eignen Lebensganges, mit ihnen durchkämpfen zu müßen. Dies war hier reichlich der Fall. Fast gleichzeitig gründete der zweite Sohn seinen Hausstand und ein buchhändlerisches Geschäft, während die Tochter eben damals Jahre lang an schwerer Krankheit litt: eine Ansammlung von Schwierigkeiten, die neben allem Schweren des täglichen Berufs alle Anspannung der Kraft des Glaubens zu ihrer Überwindung forderten und ihm manchen Seufzer entlockten, wenn er in der Stille der Nacht seinen Tageslauf aufzeichnete. „O ich armer Mensch – sagt er da einmal – wie schwer komme ich zur glücklichen Armut, die wenig hat und wenig bedarf. Immer dachte ich, es soll einmal ein Ende nehmen mit den Geldgeschichten und schweren Dingen, und mein bischen Leben solle in friedlicher, vergnüglicher Armut vergehen. Aber nein, immer schwerer wird

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 296. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/301&oldid=- (Version vom 1.8.2018)