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der der Sorge jedes Recht im Christenleben absprach, doch auch seine Stunden hatte, da er im Gebet mit Gott ringen mußte, um ihrer Anfechtung Herr zu werden, und zwar um so mehr, als gleichzeitig auch die Verantwortlichkeit für den finanziellen Stand der Diakonissenanstalt allein auf seinen Schultern lag. Man kann es begreifen, wenn er am Ende seines Lebens sagte: wenn er zurückdenke und sich die Frage vorlege, ob er es noch einmal wagen möchte, all das Geld aufzubringen, das er früherhin für die amerikanische Mission und späterhin für das Diakonissenhaus aufgebracht habe, so schaudere er vor einem „Ja“ zurück. Es ist ja keine Preisgebung der Geheimnisse eines Tagebuches, wenn wir hier ein Gebet mitteilen, das in einer solchen Stunde schweren Drucks der Sorge in dasselbe (im Jahr 1860) geflossen ist. „O HErr, mein Gott, ich bitte dich um ein reines und aufrichtiges Herz, daß ich nichts anderes suche noch begehre, als Deinen allein heiligen Willen. Laß mich in Deiner Hand sein ein Werkzeug des Segens und Deiner Ehre. Führe mich also, daß sich mein Herz nicht erhebe. Halte mich klein und niedrig, auch wenn Dein Werk durch meine zitternde, schwache Hand gelingt. Laß mich lieber sterben und das Gute Jerusalems nicht sehen, als daß Du mich in Hochmut fallen und verderben ließest. Meine Seele sei Dein unter allen Umständen. Das ist aus meiner Seele das tiefste Verlangen.

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 O HErr, Du weißt meine Sorge und größte Last, nämlich daß ich nicht blos ein kleines Maß von zeitlichem Gute habe, sondern dabei die Last der Schulden, die für mich[1] und Deine Stiftungen zu zahlen sind. Geistliches treiben, während diese Lasten drücken, ist schwer, das weißest Du. O leichtere Last und Sorge! Mindere oder nimm die Ursach meiner Sorge und gib mir statt der Sorge ein ahnendes, gläubiges Herz, das in Dir erfreut sei.


  1. Er hatte sie nicht für sich gemacht.
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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 295. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/300&oldid=- (Version vom 1.8.2018)