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Freunden, zu kühl und neutral erscheinen: der ruhigere Beurteiler von heute wird sie nicht anders denn als wahrhaft geistlich und, von deutsch-nationalem Standpunkt aus, auch als patriotisch bezeichnen können.

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 Demgemäß begnügte sich Löhe, seine Pflegebefohlenen in Anstalt und Gemeinde vor sündlicher Aufregung der Leidenschaft zu warnen, denen von ihnen, welche den durch das Jahr 1866 ihrer Selbständigkeit beraubten deutschen Stämmen angehörten, auf Grund von Röm. 13, 1 ff. ihre Unterthanenpflicht des Gehorsams gegen ihre neue Obrigkeit einzuschärfen und als Ausdruck der richtigen inneren Stellung zu derselben die Teilnahme an dem 1 Tim. 2 befohlenen Kirchengebet für den neuen Landesherrn zu fordern. Insoweit trat er mit allem Nachdruck seiner Person und seiner amtlichen Stellung auf, im Bewußtsein, daß er hier ganz auf dem festen Boden des göttlichen Wortes sich bewege, während er das Urteil über die Annexionen jenes Jahres dem höchsten Richter anheim stellte. Eben deshalb warnte er auf Grund von Dan. 4, 14. 22 (eine Stelle, welche überhaupt sein Leitstern in dem Wirrsal der politischen Wechselfälle jenes Jahres war) vor dem Rechtstrotz, der, ohne Buße für des eignen Volkes Sünde und ohne Erkenntnis der im Staub und Unrecht menschlicher Wege einherschreitenden Gerichte Gottes auf sein vermeintliches oder auch wirkliches Recht pochend, mit dem damals oft gehörten Feldgeschrei: „Recht muß doch Recht bleiben“ den Sieg nicht erbat, sondern forderte. Er lehrte dagegen in einem von ihm verfaßten und vielverbreiteten Kriegsgebet in demütigerem Vertrauen auf das gerechte Walten der Vorsehung bitten: „Schaffe Recht im blutigen Streit und Sieg dem Rechte, das vor Deinem Angesichte ist. Verleihe Deinen Kindern, daß sie durch das Wechselglück des Krieges an Dir und Deinem Wege nicht irre werden; erleuchte ihre Augen, daß sie erkennen Deinen Weg und unter den Völkern und

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 283. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/288&oldid=- (Version vom 1.8.2018)