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entfremdet, und seine Überzeugung war auch nicht allewege dem Bekenntnis der lutherischen Kirche ähnlich. Winkler hatte den Buchstaben der Synodalkonstitution, Schäffer den Einfluß der herrschenden Strömung für sich. Dieselben Gegensätze fanden sich auch in den Gemeinden. Letztere waren aus mancherlei protestantischen Parteien zusammengesetzt, ihre Kirchen hießen reformiert-lutherische (!), die Pfarrer waren verpflichtet, nichts gegen die Unterscheidungslehren oder geradezu die Unterscheidungslehren der verschiedenen Parteien zugleich zu lehren, sie mußten beim heiligen Abendmahle Formen wählen, mit denen sie sich vor allen Parteien rechtfertigen konnten. An eine Bemühung, die Deutschen bei deutscher Sprache und Sitte zu erhalten, war ohnehin kaum zu denken.

 So dämmerte denn schon im Jahre 1843 die Überzeugung, daß Gottes Absicht, in welcher er Löhes erste Sendlinge nach Columbus geführt hatte, nicht die war, ihnen dort einen bleibenden Wirkungskreis anzuweisen, sondern nur, ihnen dort im lebendigen Widerstreit der kirchlichen und sprachlichen Gegensätze Gelegenheit zu verschaffen, das recht klar kennen zu lernen, was der lutherischen Kirche in Nordamerika not that. In Ohio, der damaligen Grenze des Ostens und Westens von Nordamerika, war man auf eine Warte gestellt, wo man das Gebiet des sektiererisch versetzten englischen Luthertums im Rücken, vor sich aber die unabsehbaren Strecken des Westens und seines unbebauten Landes voll neuer Ansiedler hatte, unter denen es eher gelingen mochte, deutsch-lutherische Gemeinden zu gründen. Das letztere wollten Löhe und seine Freunde. Es lag ihnen mehr an dem lutherischen Elemente als an dem deutschen; sie sahen aber, daß in Nordamerika beide sehr ineinander griffen, und daß man nur zum Schaden der ganzen Sache von der Pflege deutsch-nationalen Wesens absehen konnte.

 Eine Weile freilich schien es, als ob die konfessionelle Richtung,

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 23. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/28&oldid=- (Version vom 1.8.2018)