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der schönen Form entsprang, sondern in welch tiefem und innigem Zusammenhang ihm die Liebe zum Schönen mit Religion und Frömmigkeit[1] stand. All diese Kunstfertigkeit und Kunstübung des Diakonissenhauses sollte nichts sein als „ein Nardenopfer auf des HErrn Füße gegossen“. Er wußte auch in diese kleinen und äußerlichen Dinge Gedanken zu legen, durch welche sie ihm Sinnbilder der Geheimnisse einer höheren Welt wurden. Wir heben als Beispiel eine Stelle aus einer Osterbetrachtung aus.

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 „Einen wohlbereiteten Altar bei der Feier des heil. Abendmahls zu sehen – sagt er da – hat für mich immer etwas Liebliches und Rührendes. Ein solcher Altar hat etwas Österliches, und so wenig er manchen an ein Grab erinnern wird, so gewiß soll er es dennoch thun. Denn es liegen auf ihm die weißen, leinenen Tücher, vor allem das oberste, das Corporale, zum Andenken an die Grabtücher Jesu.“ Und auf den selbstgemachten Einwurf, ob dergleichen Gedanken für eine österliche Betrachtung nicht zu gering seien, antwortet er: „Lies die Erzählung der Ostergeschichte Joh. 20, 5–8, so wirst du dich überzeugen, daß von den Grabtüchern, ja von dem Schweißtuch Jesu die Rede ist – daß also der heilige Geist und die heil. Schriftsteller ein Auge für alles, auch das scheinbar Kleine, auch für Grabtücher und ein Schweißtuch hatten selbst am Ostertag. – Die Altartücher nun sind Symbole der Grabtücher, in denen Jesu Leichnam lag, aus welchen der Leib seiner Verklärung hervorging. Aber sie sind mehr als Symbole. Wie aus jenen Tüchern Sein Leib herausgenommen wurde, um dann auf den Thron des ewigen Vaters erhoben zu werden, so wird dir von jenen Tüchern der Leib des verklärten Jesus, dein Osterlamm, beim Sakramente genommen und gegeben.


  1. „Nicht blos der Schönheitssinn, sondern die Frömmigkeit selber – sagt er im Evangelischen Geistlichen – muß gegen alles allzu geringe, unwürdige oder gar abgeschmackte Geräte protestieren.“
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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 273. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/278&oldid=- (Version vom 1.8.2018)