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konnten. Diesem Ziel gemäß gestaltete sich auch der Unterricht, den Löhe zeitweilig mit, oft auch ohne Beihilfe anderer gab. Während er sich den Vormittag für die Geschäfte seines Amtes frei hielt, widmete er den Nachmittag dem Unterricht der Missionsschüler. Da lehrte er denn in einem Zug „stans pede in uno,“ von 1 Uhr bis 6 oder 7 Uhr abends – ein Zeugnis für die Leistungsfähigkeit und Ausdauer des Lehrers wie der Schüler. Alle Abende fand Vesper in seinem Hause statt, wobei immer einer der Schüler einen kurzen Vortrag hielt. Auch durften sie unter seiner Aufsicht katechisieren, ihn bei Krankenbesuchen begleiten etc. Löhes Unterricht, der Eindruck seiner Persönlichkeit, die unmittelbare, lebendige Anschauung seines pastoralen Waltens, die Teilnahme an dem reichen gottesdienstlichen Leben seiner Gemeinde – dies alles mußte in hohem Maße erziehend und fördernd auf junge Leute einwirken, die zwar keinerlei gelehrte Vorbildung, dafür aber gute natürliche Begabung, Willenskraft und nicht selten auch schon eine gewisse Reife christlicher Erfahrung mitbrachten. Indessen gingen doch nicht lauter unstudierte „Nothelfer“ nach Amerika. Vielmehr stellte sich auch bald eine Anzahl akademisch gebildeter Jünglinge in den Dienst des amerikanischen Werks. Kandidaten der Philosophie, Philologie und Theologie, namentlich aus Hannover, ließen sich für diese Missionsarbeit gewinnen. Gegen Ende des Jahres 1844 waren aus zwei Arbeitern bereits acht geworden.

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 Waren dies hoffnungsvolle Aussichten, so fehlte es doch auch nicht an Anzeichen betrübender Art, die sehr bald die Befürchtung wachriefen, daß die mit der Ohiosynode eingegangene Verbindung nicht von langer Dauer sein werde. In den beiden Professoren am Seminar zu Columbus, Schäffer und Winkler, begegneten sich zwei verschiedene Richtungen. Winkler war deutsch gesinnt und wollte, daß das Seminar deutsch und lutherisch sein solle; Schäffer hingegen war dem Englischen zugeneigt, dem Deutschen schon ziemlich

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/27&oldid=- (Version vom 1.8.2018)