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war nämlich eine Stiftung der Diakonissen zu Gunsten der Pfarrei. In seiner sinnigen Weise hatte Löhe, der gern für die Schöpfungen der Gegenwart auf dem Gebiet der christlichen Charitas Anknüpfungen in dem kirchlichen Altertum suchte, für die Einweihung des Rettungshauses, den Gedenktag des heil. Nikolaus von Myra (s. Apg. 27, 5) gewählt. Dieser Heilige, oben drein, wie schon erwähnt, der Patron der Neuendettelsauer Pfarrkirche, in deren Chor von alter Zeit her seine Statue sich befindet, gilt in der Legende als besonderer Kinderfreund, worauf wol auch die drei Äpfel in seiner Hand, mit denen man ihn abbildet, deuten sollen. An seinem Gedächtnistage also, den 6. Dezember 1862, wurde das Häuschen eingeweiht, und von der zur Hausmutter bestimmten Schwester mit zwölf Kindern, darunter vier aus der Gemeinde Dettelsau selbst, bezogen. Das Rettungshaus, wie es Stiftung und Eigentum der Diakonissen war, blieb auch Pflegling und Gegenstand fortwährender Fürsorge derselben; die Sorge um den nötigen Lebensunterhalt wurde ihm dadurch erleichtert, daß es von den Brosamen oder von den Körben übrig gebliebener Brocken vom Tisch des Mutterhauses aß, weshalb Löhe es nicht übel mit einem „wohlgemuten Hündchen“ verglich, das munter hinter dem Diakonissenhaus und seinen übrigen Anstalten einherlaufe.

 Das Rettungshaus war auf 12–15 Mädchen berechnet. Löhe war grundsätzlich gegen größere Rettungshäuser. „Auch die christliche Liebe – sagt er – befähigt kein Weib zu einer Fürsorge für mehr Kinder, als Gott zu einer zahlreichen natürlichen Familie versammelt.“

 Für verwahrloste Knaben (Löhe wollte keine Mischung der Geschlechter in Rettungshäusern) entstand später ein Rettungshaus in Polsingen.




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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 264. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/269&oldid=- (Version vom 1.8.2018)